Die Legende
von
Cornbrant ap Midbar



Prolog

Das Wappen von Midbar

Der Kleinerbe

Isostar ap Linth

Der Großfürst

Dolomit Tren Keer

Caradurs Feuergang

Brinnentrutz

Stiftenbrants Tod

DAS BANNER VON TURGENIEN

Die Glatte Ebene

Arynmon

Auf "Großer Fahrt"

Lure Ogertod

Operation Wildschwein




Index

Stammbaum

Zeittafeln



"Die Legende von Cornbrant ap Midbar" und die darin geschilderten fiktiven Personen, Orte und Begebenheiten sind mein geistiges Eigentum, sofern es sich dabei nicht um Begriffe aus dem kollektiven Unterbewusstsein der Menschheit, ihrem reichen Kulturschatz oder gar der Unterhaltungsindustrie handelt. Besonders auf solche letzterer Provenienz erhebe ich selbstredend keinerlei Ansprüche, gell?

Hamburg, 2008

 
Impressum

Kontakt

  Cornbrant ap Midbar

Abschnitt I – Worin zum ersten Mal das Banner von Turgenien weht

Cornbrant ap MidbarSicher, sie ist nicht besonders glaubwürdig, die Geschichte, wie der fischschwänzige Widder auf das Bannertuch von Turgenien gelangt ist, aber ganz und gar unmöglich ist sie auch nicht. Doch vielleicht symbolisiert das Wappentier ja wirklich nur das einträchtige und auch einträgliche Zusammenwirken von Fischern und Viehzüchtern, das Turgenien zu seinem – zumindest zeitweiligen – Reichtum verholfen hat. Aber urteilen Sie selbst:

In Turgenien lebte ein Fischer, der war so geschickt im Umgang mit Rute und Reuse, dass ihm keiner gleichkam. Die besten Plätze kannte er für seine Fallen, und er vermochte den Köder so zu legen, dass kein Fisch ihm entging. Und bei alledem war er kein bisschen bescheiden – i wo! –, und freundlich auch nur dann, wenn es ihm passte. Und eines Morgens, er schaute grade nach seinen wohlgefüllten Netzen, sprach ihn ein altes Weiblein an – es war natürlich die Königin, die gerne mal das Ohr am Munde des Volkes hatte – und lobte ihn sehr für seinen Fang. Doch statt sich artig für das Kompliment zu bedanken, knurrte der Fischer lediglich ein "Quatsch mich nicht voll!" und dreht der Königin den Rücken zu. Da liess diese ihre Maske fallen und sagte mit strenger Königinnenstimme, er sei – mit Verlaub – ein arrogantes Arschloch und sie würde ihm jetzt eine Lektion erteilen.
Der Fischer war ein bisschen blass geworden, er kannte seine Königin und musste befürchten, eines langsamen und qualvollen Todes zu sterben. Doch zu seiner großen Erleichterung verlangte sie von ihm lediglich, bis zum nächsten Morgen soviel Fisch zu fangen, dass ihr gesamter Hofstaat davon satt würde. Andernfalls sie per Herold verbreiten lassen wolle, dass er als Fischer nicht die Bohne so gut sei, wie allgemein behauptet würde.
Das mit dem Herold war dem Fischer nun so ziemlich schnuppe, hatte die Königin doch seinen Ehrgeiz geweckt. So verbeugte er sich tief und ging von dannen, und zwar zu dem einzigen Menschen, mit dem er es sich noch nicht völlig verdorben hatte: einem Schafzüchter. Von diesem lieh er sich einen Bock, nahm sich dann seine stärkste Rute und ruderte gegen Abend auf den See hinaus.
Sie ahnen was jetzt kommt: Noch ehe die Nacht um war hatte der Fischer mit Hilfe des als Köder eingesetzten Schafbockes den größten Hecht gefangen, der jemals gesehen worden ist. Doch selbst für diesen Riesenfisch war der Widder ein zu dicker Brocken gewesen, und so hatte er ihn nur zur Hälfte verschlingen können. Dieses seltsame Mischwesen, diesen fischschwänzigen Widder, brachte unser Fischer nun im Morgengrauen zur Palastküche, wo ihn die Königin bereits erwartete, und schließlich erkennen musste, dass der Fischer, obgleich sehr unsympathisch, doch ein Meister seines Faches war.

 

Abschnitt II – Worin von Gautthronds Fahrt erzählt werden soll

Cornbrant ap MidbarDen alten Berichten zufolge waren es Tausende, die mit Gautthrond in die Ferne zogen und sich schließlich am Nordende des blauen Sees von Turgenien niederliessen. Das ist mit Sicherheit stark übertrieben, denn wenn die Siedler tatsächlich dermaßen zahlreich waren, wie kommt es dann, dass Isostars Gefolge – nur zwei Generationen später – lediglich noch fünf Personen umfasste?
Aber es mögen doch an die einhundertfünfzig Männer, Frauen und Kinder gewesen sein, die Gautthrond folgten, was für die damalige Zeit eine gewaltige Schar gewesen sein muss, belief sich doch die Einwohnerzahl der Stadt, die um die alte Brantenburg herum gewachsen war, auf kaum das Doppelte: In einem der frühsten Zeugnisse lymanischer Runenschrift lesen wir, dass zur Sommersonnenwende des Jahres 561 "dreyuntneynzgy an mannbare Weyber, sibundsechszyg an Maennervolk, eynuntfumpzyg Kinder beyderley Art ont danebenbey ouch der Alten dryy oder viir Dotzent" dort lebten, also ungefähr 250 Menschen.
Das Bemerkenswerte an der Turgenienfahrt war allerdings dies: Zum zweiten Mal in Folge wurde auf Brantenburg ein weiblicher Kleinerbe benannt. Die Herrinnen von Caragon hatten als Hüterinnen des Gesetzes niemals Zweifel daran gelassen, dass dem Vorbild der mythischen Zwillinge unbedingt Folge zu leisten sei; doch galt die Entscheidung Burginbrants, seinen Sohn zum Thronfolger zu machen, als den Wirren des Krieges geschuldet und somit verzeihlich. Die von Gautbrant getroffene Erbenwahl hingegen war ein bewusster Verstoß gegen alte Gesetze und eine Drohung gegen die Verfechter der alten Ordnung, welche die Rückgabe der Herrschaftswürde an das Geschlecht von Caragon forderten. Sie war ein Signal, dessen Wirkung von Gautbrant wohl genau so berechnet worden war: Mit mir hat eine neue Zeit begonnen!

Doch zurück zu Gautthrond. Nach alter Sitte brach sie mit dem ersten Frühjahrsvollmond auf, folgte dem Lauf der Branter Aa mit ihren Schlaufen und Schlingen nach Nordwesten zum Große Moos und dann ostwärts durch die Grencherweiden. Am dritten Tag passierte der Zug den Wehrturm von Salztor und kam bald darauf, immer noch auf dem linken Flussufer, zur Mündung eines anderen Wassers, das sich von Süd her kommend mit der Aa vereinte. Sie hatten nun Midbars Herrschaft verlassen.
Nicht lange war es dann noch möglich, der Branter Aa nach Osten zu folgen, denn das Land wurde hügelig und baumbewachsen, so dass für die Herden bald kein Pfad mehr zu finden war, wo das Wasser sich durch tiefe Tobel wand. So wählte Gautthrond den Weg nordostwärts. Doch zweien aus der Schar befahl die Herrin, den Lauf der Aa zu erkunden so weit es eben ginge, daraufhin zurückzukehren und dem Zug zu folgen und zu berichten. Denn nichts Genaueres wusste man, als dass die Aa sich manche Tagesreise weiter wand und schließlich in einen mächtigen Strom ergoss.
Durch lichte Buchenhaine ging es erst leicht bergan, doch bald auch wieder abwärts: vielarmige Bächen führten zu einem Fluß, der von Süden kommend, Mensch und Vieh mit sich riss. Kundschafter berichteten, dass der Flußlauf eine Stunde weiter nördlich sich wiederum südwärts, später denn nach Osten wende. Auch sei er von abschüssigen Ufern oder sumpfigen Auen gesäumt. Gautthrond sprach: "Es mag die Branter Aa sein, die uns wieder foppt", und beschloss, erstmal ein Lager aufzuschlagen und die Sache zu überdenken.

Es ist nicht überliefert, auf welche Weise Gauthrond schließlich den Flusslauf doch noch überwand und mit wieviel Menschen und Vieh sie fast fünf Monate später die Ufer des Sees von Turgenien erreichte, noch kennen wir den genauen Weg, den sie nahm. Doch kennen wir die Worte, die sie sprach an jenem Spätsommerabend des Jahres 561:up
"Angenehm erfrischend, aber auch nicht zu kalt. Und dieses Panorama ..."